Stille Orte - neue Friedhofskonzepte in Marl

21.9. 2020, Abfahrt Fahrradfahrer/innen 14:30 Parkplatz TUS 05,
Beginn der Führung auf dem ev. Friedhof Lenkerbeck: 15:00
Kosten: 3,00 EUR ohne Imbiss

 

Wir blieben in Marl und beschäftigten uns (schließlich werden wir alle älter...) mit neuen Formen der Begräbnis- und Friedhofskultur. Marl ist anscheinend auf diesem Gebiet deutlich weiter und moderner aufgestellt als andere Städte im Ruhrgebiet und darüber hinaus. Pfarrer Peter Neumann-van Doesburg, der mit seinen Ideen maßgeblich das neue Konzept entwickelt und für seine Umsetzung gesorgt hat, gab uns an zwei verschiedenen Orten eine engagierte Einführung.

 

Stopp Nr.1:  Der evangelische Friedhof in Lenkerbeck. Der Vorsitz im Friedhofsausschuss der esm (evangelische Stadtgemeinde Marl) ermöglichte Neumann-van Doesburg seit 2012 aus dem kirchlichen Friedhof einen "Ort der Verkündigung und des Trostes" zu machen.

Die 2012 kunstvoll sanierte Kapelle erhielt einen Anbau mit Innen-Kolumbarium. 

Im Außengereich kam der Umgestaltung des Friedhofes ein immer stärkerer Trend zur Urnenbestattung zugute, heutzutage bereits in 2/3 der Fälle gewünscht. Auf dem gewonnenen Platz - Urnengräber benötigen nur 1/8 der Fläche eines Sarges – gibt es z.B.: Außenkolumbarien, Stelen, einen Mini-Friedwald mit Urnen aus Maisstärke, eine kleine Magerwiese, vierzig neue Bäume. Bio-Diversität spielt eine große Rolle, damit Insekten und andere Tiere angelockt werden, und Kaninchen fühlen sich bereits sehr wohl hier, leider. Demnächst kommen Sinnesgärten hinzu: ein Obst-, ein Rosen- und ein Klanggarten.

Trauerbewältigung auf ganz neue Art kann an fünf Stationen eines gerade erst eingeweihten "Trauerparcours" versucht werden: 1. "Schock" wird durch einen Spiegelschacht symbolisiert; 2. "Wut" an einem massiven Drehstein. Auf Balancierstrecken kann man 3. "Unsicherheit" durchleben; 4. "Rückzug" erfolgt im Erfahrungstunnel, bevor sich 5. "Akzeptanz" ergibt durch die Öffnung des Tunnels zur Farbe und zum Duft des Rosengartens. 

Im März 2020 wurde auch der Lenkerbecker Friedhof in die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen. 

 

Zweiter Stopp: Das Kolumbarium Christuskirche, das erste und bisher einzige Vollkolumbarium der evangelischen Kirche von Westfalen. Wesentliche Bestandteile der entwidmeten Kirche wurden beim Umbau erhalten bzw. ergänzt oder neu genutzt: z.B. die Bodenfliesen, der Altar oder eine Treppenstufe als Kerzenbehälter. Das Stirnwand-Medaillon sowie die 10 Seitenfenster des Künstlers von Stockhausen tauchen den Innenraum in schönes Licht. Eine besondere Atmosphäre entsteht v.a. durch die hellen, schlichten Urnenwände: lichtdurchlässige Glaskeramik aus recycelten Displays von Apple-Geräten. In geringer Höhe sind sie wie zwei Wangenpaare in den Innenraum gesetzt worden, an den äußeren Wänden sowie um den inneren Raum herum, mit einem schmalen dazwischen liegenden Gang. Dies ist ein Ort, an dem Architektur, Kunst, Religion und Bestattungskultur in Harmonie zusammen finden.   

 

Dritter Stopp: Die Terrasse des Restaurants "Halter Pforte", um die Exkursion bei einem Imbiss ausklingen zu lassen.